1797 Augustin Fangé Buch "Geschichte des männlichen Barts unter allen Völkern der Erde bis auf die neueste Zeit (Für Freunde der Sitten und Völkerkunde)"/Fünftes Kapitel

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I. Bärte von ausserordentlicher Länge
II. Sitte der goldfarbigen Bärte, oder der Bärte von verschiedener Farbe
III. Falsche Bärte
IV. Barbiere
V. Französische Barbiere und ihr Unterschied von den Chirurgen
VI. Ueber die Sonn- und Festtage in Hinsicht der Barbiere

I. Ueber verschwenderisch-lange Bärte

Ich bin gar nicht in Abrede, dass man in allen den Jahrhunderten, wo jedermann die Sitte mitmachte, sich den Bart wachsen zu lassen, nicht deren sollte gefunden haben, die über die gewöhnliche Länge der Bärte weit hinaus gewachsen wären. Hätte man sie in der Geschichte sorgfältig aufgezeichnet, so würde man ohne Zweifel eine sehr beträchtliche Liste davon verzeichnen können. Ich begnüge mich einige hier zu beschreiben, von denen einige Schriftsteller Erwähnung thun.

Valvassor thut in seiner Beschreibung des Herzogthums Kärnthen eines sonderbaren Bartes Meldung, den Andreas Eberhard Rauber von Talberg und Weineck, Deutscher Ritter und Kriegsrath Kaisers Maximilian des Zweyten trug. Dieser Herr ist sehr berühmt gewesen, nicht nur wegen seiner grossen Stärke und der Höhe seiner Statur, sondern auch wegen seines Barts, der ein wahres Wunder und von einer so ausserordentlichen Länge war, dass er ihm bis auf die Füsse ging und wieder bis zum Gürtel empor stieg. Er erschien nie in einem Staatswagen, noch zu Pferde bey Hofe, sondern zu Fuss, um mit seinem Bart desto besser Parade machen zu können. Er schlang ihn um einen grossen Stock, und überliess ihn, wie eine ausgebreitete Fahne den Winden zum Spiel. Er stammte aus dem Hause der Rauber im Herzogthum Kärnthen ab, welches der Kaiser Maximilian der Zweyte in den Baronstand erhoben hatte. Er hatte so viel Stärke, dass er auf dem Pferde das stärkste Eisen zerbrechen konnte (?).

Dieser Herr wurde bey seiner Anwesenheit zu Grätz am Hof des Erzherzogs Karl, von diesem Prinzen gebeten, er möchte doch seine Kräfte an einem neugetauften Juden versuchen, der durch seine Statur und Stärke einem Riesen glich. Sie kamen überein, sich Stösse mit der Faust zu geben, und man zog das Loos, wer den Anfang machen sollte. Der arme Rauber erhielt den Fauststoss von seinem Gegner zuerst, und er war so heftig, dass er deshalb acht Tage das Bette, und noch länger das Zimmer hüten musste. Endlich aber waren seine Kräfte wieder hergestellt und er stellte sich, um das Wiedervergeltungsrecht auszuüben. Er fasste den Juden sogleich bey seinem Barte, der auch ziemlich lang war, und schlang ihn zweyfach um seine linke Hand; hierauf gab er ihm einen herzhaften Stoss mit der Faust, so dass der Bart und der untere Kinnbacken in Raubers Hand zurück blieben; dere Jude verlohr in demselben Augenblick Leben und Bart. Dieser Rauber starb nach manchen andern Abentheuern der Art in seinem sechzigsten Jahr auf seinem Burgschloss zu Petronel (dieses Schloss liegt bey Presburg) im Jahr 1575. Er liegt da neben seinen beyden Gemahlinnen begraben. Nach seinem Tode zerschnitt man seinen Bart in zwey Büschel. (Bayle Wörterbuch unter dem Wort "Rauber")

So ungeheuer auch Raubers Bart war, so will ich doch jetzt sogleich einen andern anführen, über den man nicht weniger erstaunen muss. - Zu Braunaw, einer Stadt in dem östlichen Theil von Bayern, am Innfluss sieht man auf der linken Seite des Eingangs in die Pfarrkirche, aussen an der Mauer, in erhabener Arbeit und natürlicher Lebensgrösse die Figur eines Bürgermeisters dieser Stadt, der 1572 gestroben ist, und dessen Bart länger als einen Fuss lang über die Knöchel hängt. Man versichert, dieser Mann habe die Gewohnheit gehabt, bey jedem Mahl Ausgehen seinen Bart auf beyden Seiten in die Höhe auf seine Arme zu nehmen, aus Furcht, er möchte ihn beym Gehen mit Füssen treten, oder wenn er auf ihn träte, zu Boden stürzen. Dieser so wundersame und respektable Bart wurde endlich sein Unglück. Als er eines Tages ausgehen wollte, vergass er seinen Bart, wie gewöhnlich, aufzuschürzen; und so wie er eine Treppe hinab stieg, trat er mit einem Fuss auf das äusserste Ende seines Barts, so dass er die Treppe hinunterstürzte und den Hals brach.

Johann Mayo, mit dem Zunamen Vermayen, ein berühmter Mahler des sechzehnten Jahrhunderts, der den Kaiser Karl den Fünften auf seinen Feldzügen begleitete, und den Plan zu der Seeunternehmung gegen Tunis entwarf, hatte einen so langen Bart, dass er darüber gehen konnte, ohne dass er sich zu bücken brauchte. Auch ward er deshalb Johann der Bärtige genannt.

Herr Derham erwöhnt in seiner physischen Theologie einen gewissen Johann Ottele, der wegen seines grossen Barts eben so berühmt war, als wegen seines hohen Alters von hundert und funfzehn Jahren, das er erreichte. Ob er gleich nnur zwey und ein Drittheil Brabantische Elle hoch war, so war doch sein grauer Bart eine ganze und eine Viertel Elle lang.

Gegen das Ende des vierzehnten Jahrhunderts sah man in Frankreich den ungeheuersten Bart, der je existirt hat; er gehörte einem gewissen Betrüger an, der sich für einen Patriarchen aus Konstantinopel ausgab, und der sich unter diesem Titel verschiedene Ehrenbezeigungen an mehrern Höfen Europens erweisen liess. Er kam 1392 nach Paris. Die neugierigen und erstaunten Pariser konnten sich an diesem unermesslichen Bart nicht satt sehen. Dieser Betrüger erhielt wegen seines respektablen Zierraths die günstigste Aufnahme, und verschwand nicht eher, als bis man ihn mit Almosen und Freygebigkeit überhäuft hatte.

Diess sind die vorzüglichsten grossen Bärte, deren die Geschichte Erwähnung thut. Ich bin gar nicht in Abrede, dass es nicht zu verschiedenen Zeitpunkten noch mehrere gegeben haben sollte, die eben so merkwürdig gewesen seyn können; aber ihre Geschichte ist nicht bis auf uns gelangt.

II. Sitte der goldnen Bärte

Es war die Sitte der alten Helden, goldne Bärte zu tragen, was für sie ein Zeichen des Siegs war, den sie über ihre Feinde oder über ihre Mitstreiter in Kämpfen oder Turnieren erhalten hatten. Wir lesen in der Geschichte von Lothringen, dass der Herzog Renatus von Lothringen in feyerlichem Aufzug, begleitet von seinem Hofe, in Trauerkleidern den Körper des Herzogs Karl von Bourgogne, der 1477 vor Nancy umgebracht worden war, zu besichtigen kam. Der Herzog war antik gekleidet, trug einen grossen Bart von goldnen Fäden, der ihn bis auf den Gürtel hing, um den Sieg zu bezeichnen, den er davon getragen hatte, und um die Sitten der alten Helden nachzuahmen.

Auch war es ein alter Gebrauch bey den Heiden, ihren Gottheiten zum Zeichen ihrer Erhabenheit einen goldnen Bart zu geben. Andreas Favyn glaubt in seiner Histoire de Navarre, liv. 10, diese Mode sey von da auf die Fürsten und grossen Herren gekommen.

Valerius Maximus lehrt uns in seinem Buch de Religione neglecta (über die vernachlässigte Religion) dass die Statüe des Aesculaps zu Epidaurus einen goldnen Bart gehabt habe. Dionysius der Tyrann nahm sie weg, indem er vorgab, es sey unschicklich, den Sohn mit einem Bart, und den Vater, (welcher Apollon war) ohne Bart zu sehen. Bisweilen stellte man auch Jupiter mit einem goldnen Bart vor. Hierauf scheint Persius Sytyr. II 58 in folgendem Vers: "Praecipui funto fitque illis aurea barba" anzuspielen. Auch Petron scheint darauf hinzudeuten: "Licet Iovem Olympum clames... aut ego me non novi, aut non deridebis licet barbam auream habeas."

Dem Beyspiel der abgebildeten Gottheiten zufolge erschien der Kaiser Kaligula, der es affektirte, für einen Gott zu gelten, oft mit einem goldnen Bart im Publikum, mit dem Blitz, dem Dreyzack, dem Merkurstab zum Zeichen seiner vorgegebenen Göttlichkeit in der Hand. "Mehrmals erschien er mit goldnem Bart und den Blitz oder Tysusstab - Sinnbilder der Götter - tragend im Publikum." (Sueton im Leben Kaligula's)

Homer bezeugt am Ende des zweyten Gesangs der Iliade, dass die Griechen ihr Kopfhaar mit Flor und goldnen Bändern umschlangen. Plinius sagt (Buch XXXIII, Kap. 1): bey Homer wird eines goldnen Einfasses der Haare bey Männern erwähnt. Bey den Aegyptiern trugen Kinder von vornehmem Stand ihr Haar, hinten mit goldnem, silbernem und seidenem Band durchflochten, wie Lucius in seinem Carracon sagt.

Chrysostomus bezeugt, die Persischen Könige haben sich an ihrem Bart ein Geflecht mit goldnen Fäden machen lassen, und sie haben die Eitelkeit gehabt, in dieser monströsen Figur öffentlich zu erscheinen. Er versichert, sie behielten diese Sitte auch zu seiner Zeit noch bey. "Wenn ihr es aber nicht glaubt, und es nur für Spas nehmt, so will ich euch etwas erzählen, was ich gehört habe; ja was auch jetzt noch so ist: der König der Perser trägt einen goldnen Bart, indem diejenigen, die sich darauf verstehen, den Haaren gleichsam unter der Bedeckung desselben Golddrath einflechten."

Andreas Favyn versichert auf die Gewähr alter Annalisten als etwas ganz Gewisses, die alten Könige von Frankreich aus dem ersten regierenden Stamm hätten lange, mit seidnem Band durchflochtne und zusammengehaltene Haare, und einen in goldne Knoten geschlungenen Bart getragen. (Hist. de Navarre, liv. 10)

Josephus lehrt uns in seinen jüdischen Alterthümern, der König Salmomon hätte zu seiner Bedeckung vierhundert schöne junge Männer gehabt, die in allen Uebungen des Adels erfahren, mit Pfeil und Köcher bewaffnet gewesen wären; sie hätten ein langes Kopfhaar, das mit goldnen Haarlocken besäet gewesen wäre, gehabt; hätten an ihren Köpfen wie die Sonne gebrannt.

Einige Rabbinen berichten, dass, da Moses das goldne Kalb zu Asche gebrannt und den Goldstaub in den Fluss Aron geworfen habe, alle diejenigen, die von diesem Wasser getrunken und die sich der Anbetung dieses Götzenbildes schuldig gemacht gehabt hätten, dieselbe Wirkungen empfunden haben, welche das Wasser der Eifersucht auf schuldige Weiber hervorbrachte. Andere sagen, durch das Trinken dieses Wassers haben die eifrigsten Anbeter des goldnen Kalbes ihren Bart mit Erstaunen Goldfarbe annehmen sehen; ein Abzeichen, welches sogar, sagt man, auf ihre Kinder überging.

Einige Schriftsteller haben die Meynung geäussert, die Haare könnten von verschiedener Farbe seyn. Plinius spricht von blauen Haaren; allein man hatte ihnen diese Farbe durch einen gewissen Saft ertheilt. Ein gewisser Alexander versichert, die Haare des Kopfs und Barts haben diese Farbe zuweilen. Thomas Bartholinus redet von leuchtendem und silbernem Haar *). Aber wenn man auch annimmt, dass es blaue Haare gegeben habe, so war diess mehr eine Wirkung der Kunst, als der Natur. Man weiss, dass verschiedene Nationen in Westindien und Amerika die Gewohnheit haben, ihr Gesicht und ihren Bart mit verschiedenen Farben zu bemahlen; aber man hat bis jetzt kein Volk finden können, deren Barth roth oder gelb oder weiss gewesen wäre. Es ist wahr, dass die Handwerker, die in Kupfer arbeiten, gewöhnlich einen Bart haben, der ins grünliche fällt; aber man muss diese Farbe den Stückchen Kupfer oder Grünspan zuschreiben, die sich an die Haare des Barts gelegt haben.

*) Unsere Dichter haben das Haar des Greisenalters bekanntlich Silberhaar getauft; so wie man ihnen auch den Ausdruck, Silberton, wo ich nicht irre, Klopstock zuerst gebraucht hat, verdankt.

III. Falsche Bärte

Eine sonderbare Gewohnheit kam vor einigen Jahrhunderten auf, nämlich die Gewohnheit, falsche Bärte zu tragen, so wie man falsche Haare trägt; und Berruquen am Kinn zu tragen, so wie man deren noch auf dem Kopfe trägt. Ein Spanier, sagt man, hatte in der That ein Mittel erfunden, falsche Bärte zu verfertigen, und sie mit so viel Kunst anzupassen, dass es fast unmöglich war, sie von natürlichen Bärten zu unterscheiden. Diese Entdeckung theilte sich der Welt bald mit; und alles lässt glauben, dass sie in Spanien die Mode, falsche Bärte zu tragen, erzeugte.

Man muss glauben, dass der Geschmack für lange Bärte welcher in jenem Land herrschte, die neue Erfindung in Aufnahme brachte. Jedermann liess sich sein Gesicht rasiren und trug einen falschen Bart. Diese sonderbare Mode öffnete tausend Missbräuchen Thor und Thür. Um selbigen entgegen zu arbeiten, wurde es 1351 in den Staaten von Catalonien unter Don Pietro, König von Arragonien verboten, falsche Bärte zu tragen. "Dass niemand einen falschen oder erkünstelten Bart zu tragen oder zu verfertigen wagt." (Ducany Glossar. unter dem Wort: "Bart") Man findet keine Spur, dass diese Mode auch in Frankreich Eingang gefunden habe. Vielmehr gewann der Geschmack für rasirte Gesichter daselbst immer mehr Anhänger und ward endlich herrschender Geschmack, so dass man unter den Regierungen Karl des Siebenden, Ludwig des Eilften und ihren Nachfolgern keine andern zu sehen bekam.

Vielleicht schreibt sich von dieser Gewohnheit, falsche Bärte zu tragen, der Gebrauch der künstlichen Bärte bey feyerlichen Aufzügen her, die es nothwendig machten, dass man mit diesem Zierrath erschien, so wie wir es in Absciht des erwähnten Jahrs 1477, wo von dem Herzog Renatus von Lothringen die Rede war, der bey dem Leichenbegägniss des Herzogs Karl von Bourgogne mit einem langen vergoldeten Bart nach Art der alten Ritter erschien, bemerkt haben.

Man bediente sich derselben gleichfalls in den Komödien, auf dem Theater. St. Gregorius von Tours erzählt, man habe eine Aebtissin von Poitiers angeklagt, dass sie es gelitten habe, dass man in ihrem Kloster eine Farce, Barbatoria betitelt, gegeben habe. Diess verstehen einige, wie Herr Valois in seinen Anmerkungen zu Berengars Panegyrikus, von einer damals üblichen Gewohnheit, wenn man sich den Bart das erste Mahl rasiren liess; aber andere erklären es, mit mehr Grund, von einer kleinen Maskerade, welche diese Aebtissin ihren Nonnen zu ihrem Vergnügen erlaubt haben möge. Von dieser Art sind ohngefähr die kleinen Farcen und Komödien, die man in mehrern Mädchenklöstern, die übrigens an sehr strenge Ordensregeln gebunden sind, zur Zeit des Karnevals gibt. Nach diesen Schriftstellern bedeutet "Barbatoris facere" hier so viel als Maskeraden veranstalten; ein noch vor der Revolution in den mehresten Provinzen Frankreichs sehr gewöhnlicher Ausdruck, wo man sie "Masken" nannte, da man sich derselben bediente, um sich unkenntlich zu machen: auch nannte man sie "Barboires" in der (ehemaligen) Piccardie; "Barbadoueres", und "Barbauts" in Auvergne, weil man diese Masken gewöhnlich mit Bärten von verschiedener und seltsamer Gestalt ausschmückte. Diess lässt der Bischof von Riez, wo er von den Verkleidungen bey Bacchanalien spricht, Fausten sagen: "während dieser Tage nehmen elende Menschen, und was noch schlimmer ist, auch einige Getaufte, unzüchtige Formen, monströse Gestalten an." Die Pariser Fakultät drückt sich in ihrem Dekret vom Jahr 1444 in Absicht des "Narrenfestes", welches man um diese Zeit abbrachte, und welches kein anderes, als das fest der Bacchanalien war, fast eben so aus. Man könnte es aber auch von den Verkleidungen in Hirsche und andern Thiere verstehn, die man bey diesen Gelegenheiten veranstaltete.

Bey diesen Arten von Verkleidungen nahm man eine Maske vor das gesicht, an der ein falscher Bart angebracht war, um sich desto besser zu verunkenntlichen und die Rolle des Stücks besser zu spielen; das nannte man "Bartfeste feyern", und in diesem Sinn sagt Petron, der von einem seiner Sklaven spricht, er müsse an einem solchen Bacchanalstage in Maske erscheinen.

Andere erklärten jedoch diese Stelle Petrons anders, und glaubten, er habe blos sagen wollen, dass sich einer seiner Sklaven den Bart sollte rasiren lassen; was, wie man weiss, mit Cäremonien verbunden war.

Beym Aufführen satyrischer Stücke erschienen die Akteurs mit Bärten nach Art der Faunen und Satyrn, wie sie uns die Mahlerey gewöhnlich darstellt. Es gab keinen Akteur, der nicht seine Maske gehabt hätte; wie man aus den Manuskripten des Terenz in der (ehemaligen) königlichen Bibliothek zu Paris ersehen kann, wo vor jeder Komödie eine Blatte sich befindet, die eben so viel Masken als Akteurs darstellt; aber diese Masken waren nicht, wie die Unsrigen, die nur das Gesicht bedecken, gemacht. Es war ein ganzer Kopfanzug, der das ganze Gesicht des Akteurs bedeckte. Man darf sich nur einen Helm vorstellen, dessen Vorderseite die Figur eines Gesichts hätte, welches mit einer Haarperrüque ausstaffirt wäre, denn Masken ohne Haare gab es nicht. Diess dient zum Verständniss einer Stelle des Phädrus, wo er einen Fuchs, der eines Tages eine Theatermaske sah, ausrufen lässt: "o welch' ein schöner Kopf; schade! dass es ihm an Hirn fehlt."

Madame Dacier hat alle Figuren in diesem Manuskript, und die ganze Folge dieser Maskern an der Stirn einer jeden Scene in ihrer vortrefflichen Uebersetzung des Terenz abdrucken lassen.

IV. Ueber Barbiere, Schermesser u. s. w.

Es ist sehr zweifelhaft, dass die Hebräer Barbiere, die sich der Schermesser bedient hätten, gehabt haben. Man weiss, dass sie sich nicht den ganzen Bart abscheren liessen, und sie vergriffen sich an ihrem Kopfhaar nicht. Die Hebräer waren nicht feiner und kultivirter, als die ersten Griechen und Römer. Man weiss, dass Rom über vierhundert und funfzig Jahre gesatnden hatte, ehe es Barbiere erhielt. "Ueberhaupt sollen Barbiere zuerst aus Sicilien im Jahr vierhundert und vier und funfzig nach Roms Erbauung daselbst angekommen seyn, und Publius Ticinius Mänas sie dahin gebracht haben." Diess sagt Varro. Derselbe Schriftsteller sagt uns auch: der Beweis, dass es in dem alten Rom keine Barbiere gegeben habe, lasse sich aus alten Staüen und Bildnissen führen, die grösstentheils langes Kopfhaar und grosse Bärte haben. Eben so sagt Plinius, alle alte Nationen haben sich der Barbiere bedient; aber sie seyen zu Rom sehr spät aufgekommen ("Sequens gentium consensus in tonsoribus fuit, sed Romanis tardior.") Man sehe deshalb Plinius und Aulus Gellius.

Die Römer hatten zwey Arten, sich den Bart abzuscheren; sie bedienten sich entweder des Schermessers oder der Schere, nach dem Zeugniss Plautus in folgenden Versen der zweyten Scene des zweyten Acts in den Gefangenen:

Nunc senex est in tonstrina:
Nunc jam cultros attinet;
Sed utrum, strictimne attonsurum dicam
Esse, an per pectinem?
Nescio. Verum, si frugi est, adunctilabit probe...

"Der Greiss" (sagt der Dichter durch den Mund einer seiner Personen) "ist in der Badestube eines Barbiers, der ihm schon das Messer ansetzt. Ob er sich aber ganz glatt, oder durch den Kamm wird scheren lassen, weiss ich nicht. Er wird sich aber, wenn er gescheut ist, ganz lassen."

Man sieht aus dieser Stelle bey Plautus, dass es zwey Arten gab, sich den Bart mit einem eisernen Instrument abnehmen zu lassen; die erste, indem man die Schneide desselben unmittelbar an der Haut hinzog; die zweyte, bey welcher man einen Kamm zu Hülfe nahm, den man an den Bart ansetzte, um bey dem Bartabnehmen keine Gefahr zu laufen. Es gab auch noch andere, aber weniger gewöhnliche Arten, sich den Bart abzunehmen, aber sie waren nicht so gewöhnlich. Die Elegants suchten ihn ganz auszurotten, indem sie ihn allmählich ausrissen, und sich so der Haare nach und nach beraubten. Der Tyrann Dionysius von Syrakus und Alexander von Phäre liessen sich ihn lieber abbrennen, als dass sie ihn sich vermittelst des Schermessers oder der Schere hätten abnehmen lassen. Der Kaiser August liess sich den Bart bald mit der Schere, bald sich ihn ganz glatt mit dem Schermesser abnehmen: Sueton im Leben Augusts; wo dieser Schriftsteller sagt, er hätte sich seinen Bart bald abscheren (tondere) bald abrasiren (radere) lassen.

Nach dem Zeugniss der Alten selbst muss man also den Ursprung der Gewohnheit, sich rasiren zu lassen, (wenigstens das ganze Gesicht bis ans Kinn) unter den Römern ins Jahr vierhundert und vier und funfzig nach Erbauung der Stadt Rom setzen.

Wir finden bey den alten Griechen wenig von der Art, was Barbiere betrifft. Man darf glauben, dass, da sie diejenigen, welche die Sitte, sich zu rasiren, zu ihnen brachten, mit Widerwillen betrachteten, der Barbierstand bey ihnen sich nicht habe emporbringen können. Gleichwohl ist es gewiss, dass es in den letzten Zeiten bey den Griechen Barbiere gab, da sie der Kaiser Julian von seinem Hofe jagte.

Ehemals übten die Barbiere ihr Handwerk nicht in eignen Buden aus, sondern an den Ecken der Strassen, und überhaupt, wo es sich gerade traf; diess ist auch heut zu Tage noch in China der Fall. Die Barbiere tragen auf ihren Schultern einen Sessel, ein Becken, ein Gefäss mit Wasser, Feuer, das nöthige Holz, und alles, was zu ihrer Profession gehört. Ihren Gang, den sie beym Ausgehen nehmen, thun sie durch eine kleine Glocke kund; und wenn man sie ruft, diess mag nun mitten auf der Strasse, an einem öffentlichen Ort, oder unter dem Thor eines Hauses seyn, so sind sie auf der Stelle zu dem Dienst bereit, den man von ihnen verlangt. Sie scheren für acht Pfennige den Kopf, bringen die Augenbraunen in Ordnung, reinigen die Ohren, reiben die Schultern, bähen die Arme, und bedanken sich noch sehr höflich. Hierauf fangen sie mit ihrer Glocke wieder zu schellen an.

Arabische Barbiere

Figur und Methode der Arab. Barbiere haben etwas zu sonderbares, als dass sie in diesem Werk nicht eine Stelle finden sollten. Wir entlehnen das, was wir über die Arabischen Barbiere zu sagen haben, von dem Chevalier von Arvieux. "Die Unsrigen" sagt dieser Schriftsteller im dritten Band seiner Memoiren "sind gewöhnlich reinlich, höflich und ehrlich. Die Arabischen sind Lustigmacher, verliebtes, spashaftes Volk. Sie tragen immer einen ganz weissen Turban, der mit Blumen und Ohrlöffeln besetzt ist. Die Aermel an ihren Hemden sind bis an den Ellbogen aufgestreift, um ihre mit Blumen, Wunden oder Brandflecken, die sie sich um einer Kränkung willen gebrannt; oder mit Messerstichen, die sie sich selbst gegeben haben, um die Heftigkeit ihrer Leidenschaft für ihre Gebieterinnen zu bezeichnen, genarbten Arme sehen zu lassen. Sie haben eine Schürze von Leinewand, die mit Streifen von mehreren Farben besetzt ist, und einen breiten kupfernen Gürtel mit kleinen Häkchen rings herum, an welchem ihre ganze Boutique hängt: ihr Köcher hängt auf der einen, ihr Wasserbecken auf der andern Seite; eine lange Tasche nimmt die Vorderseite ein; sie enthält ihren verschiedenen Abtheilungen die Schermesser, die Steine, die Scheren, ein Stück Seife, oder vielmehr eine Seifenkugel, einen Spiegel mit rundem Griff, von der Art, wie man sich deren in Spanien bedient, oder wie man uns die Sirenen vorstellt; er nimmt die Hinterseite des Gürtels ein, wo er befestigt ist. Sie haben zwey lange Servietten auf den Schultern, eine, um das Gesicht, die andere, um die Hände zu trocknen. Sie haben noch einen langen, vier Finger breiten, ledernen Riemen an der Vorderseite ihres Schurzfells, der ihnen bis auf die Knie hängt, und an welchem sie die Schneide ihres Schermessers, wenn sie etwas stumpf geworden ist, wieder schärfen."

"Der Barbier lässt diejenigen, die sich rasiren lassen wollen, sich auf einen Stein setzen; er nimmt ihnen ihren Turban mit Bescheidenheit, unter studierten, äusserst lustigen Höflichkeitsbezeugungen ab; legt den Turban auf ein reinliches und gesticktes Schnupftuch, wenn er so reich ist, eins zu haben; macht mit der rechten Hand eine Bewegung ihren Rücken entlang, als wenn er eine Katze karessiren wollte; wäscht ihnen dann mit beyden Händen den Kopf und reibt ihnen denselben von Zeit zu Zeit mit seinen Nägeln und rasirt sie hierauf. Diese Barbiere sind sehr geschickt; mit vier Strichen, die sie mit dem Schermesser thun, nehmen sie das ganze Haar weg, ohne den Haarbüschel zu berühren, welchen die Mahumedaner immer auf dem Wirbel ihres Kopfs stehen lassen; denn an diesem Fleck muss sie Mahomed fassen, um sie Gott vorzustellen. Hierauf nehmen sie ihren Wasserbehölter, öffnen den Hahn, und lassen von allen Seiten Wasser über den Kopf und Gesicht fallen, die sie dann mit beyden Händen lebhaft waschen. Es müsste jemand einen sehr schmutzigen Kopf haben, wenn er nach einer solchen Einseifung nicht gesäubert worden wäre. Sie trocknen dann ihren Mann, und stecken ihm hierauf die beyden Mittelfinger einer jeden Hand in die Ohren, während sie mit dem Daumen die Augen desselben sanft reiben."

"Ist man auf diese Art reinlich abgetrocknet, so rasirt dann der Barbier die Haare unter der Nase, und nimmt die überflüssigen Theile des Barts weg, das heisst die Haare, welche länger als die übrigen sind, damit sie ganz gleich werden und sich das ganze Volumen des Barts mit mehr Regelmässigkeit und Annehmlichkeit darstellt. Hierauf beschneidet er mit seinen Scheren die Haare der Nasen und Ohren, setzt den Turban ehrerbietig und mit zwey oder drey Komplimenten wieder auf, darauf nimmt er eine Hand nach der andern und macht alle Konjunkturen prasseln. Dann lässt er die Arme kreuzweis ausstrecken, stellt sich hinter die Person, drückt seine Brust und Knie an die Wirbel des Rückens, und macht einen nach dem andern prasseln, damit sie desto gefüger werden. Dann präsentirt er den Spiegel; und wenn man sich darin besehen hat, legt man das Honorar des Barbiers auf das Glas und zieht sich zurück. Die Araber lassen sich aller funfzehn Tage rasiren."

Italiänische Barbiere

Der Pater Labat, ein Dominikaner beschreibt die Methode der Italiänischen Barbiere folgendermassen: "sie sind immer schwarz gekleidet, tragen einen Mantel, und haben immer einen Factore bey sich, der in einem seidnen Beutel zwey silberne, oder wenigstens versilberte Becken, einen Spiegel, zwey Büchsen mit verschiedener Seife, Pommade und Rosenessig mit sich trägt. Diese Barbiere machen viele Ehrrenbezeugungen, ehe sie an ihre Arbeit gehen; binden demjenigen, den sie rasiren wollen, eine mit Spitzen besetzte Schürze um; wiederholen beym ersten Strich mit dem Schermesser ihre Reverenzen; umgehen die Person von hinten, wenn sie mit der einen Seite fertig sind, und auf der andern rasiren wollen; der Factore hält immer den Spiegel, und die Cäremonie endigt durch einen tiefen Bückling des Barbiers, dem man jedoch nur einen Batzen gibt."

V. Französische Barbiere und ihr Unterschied von den Chirurgen

In den ersten Zeiten der Französischen Monarchie kannte man fast gar keine Chirurgen; da man aber Reinlichkeit mit Recht für ein sehr wichtiges Mittel zur Erhaltung der Gesundheit hielt, so gewöhnte man sich allmählich, lange Bärte nicht mehr als ein Zeichen von Freyheit anzusehen. Die Barbiere wurden allgemein; und da damals die Verrichtungen der Chirurgie noch wenig durch Kunst veredelt und nicht so gekannt waren, so bemächtigten sich die Barbiere derselben, und theilten diese Art Geschäfte mit den Chirurgen. Der erste Barbier des Königs ward als Chef des Barbierwesens und der Chirurgie zugleich angestellt, bis die Jurisdiction dieser zwey Innungen für immer mit der Stelle des ersten königlichen Chirurgen, der zugleich der erste Barbier des Königs war, vereinigt wurde.

Diese Vermischung der Barbiergerechtsame und der Ansprüche der Chirurgie verursachte in der Folge Streitigkeiten zwischen dem Barbier- und Chirurgenstand. Der Leser soll hier nicht mit einer Geschichte dieser Streitigkeiten nach Etienne Pasquier, der alles, was in dieser Hinsicht vorgefallen ist, im neunten Buch seiner Untersuchungen über Frankreich der Länge nach erzählt, behelligt werden. Dieser Schriftsteller lehrt uns, dass man in dem weissen Buche der Handwerke zu Paris, in der Kammer des königlichen Prokurators Verbote vorgefunden habe, die 1301 an die Barbiere ergangen seyen, vermöge welcher sie bey Verlust ihres Zunftrechts und bey Geldstrafe sich der Ausübung der Chirurgie haben enthalten sollen. Unter dieser Ausfertigung habe man die Namen von sechs und zwanzig Barbieren gefunden, an welche dieses Verbot ergangen sey; es sey nun, dass es damals zu Paris nur so viel Barbiere gegeben habe, wie Pasquier bemeerkt; oder dass diese sechs und zwanzig damals die Chirurgie ausübten.

In den alten chirurgischen Statuten findet man ausdrücklich erwähnt, dass die Doktoren oder die Baccalaureen die Kranken nur ein oder zweymal mit Barbieren besuchten durften. Jedoch erlaubte der König Karl der Fünfte den Barbieren durch einen offnen Brief unter dem Monat December 1372, "Nägel, Auswüchse und offne, nicht tödtliche Wunden zu verbinden, wenn die Kranken sonst in augenscheinliche Gefahr aus Mangel an schneller und schleuniger Hülfe kämen."

Da die Chirurgen seit der Zeit 1423 von dem Prevot zu Prais ein Verbot in Absicht auf jedermann, von welchem Stand und Gewerbe er auch seyn möchte, wenn er nicht Chirurg wäre, selbst in Absicht auf Barbiere, ausgewirkt hatten, und nach welchem sich jeder Nichtchirurg der Geschäfte der Chirurgen enthalten sollte; so widersetzten sich die Barbiere, und es wurde ihnen, vermöge des Urtheilspruchs vom vierten November 1424 erlaubt, im ruhigen und ungestörten Genuss des ihnen von König Karl dem Fünften ertheilten Privilegiums zu verbleiben. Die Chirurgen Meister appellirten von diesem Ausspruch; aber sie wurden abgewiesen, und die Barbiere wurden in ihrem Privilegium von 1425 bestätigt.

In der Folge erneuerte sich der Streit in Absicht dieser beyderseitigen Gerechtsame wieder. Ehemals liess man sich, nach Basquiers Bemerkung, in Frankreich nicht scheren; aber man liess sich Bart und Kopfhaar rasiren; dazu brauchten die Barbiere das Schermesser; und so wie sich die Aerzte derselben bisweilen bedienten, wenn sie Aderlässen verordneten, so finden die Barbiere seit der Zeit an, sich über die Chirurgen zu erheben. Diese brachten den 17ten November 1491 bey der medicinischen Fakultät eine Klage dagegen ein; und sie stellten ihr vor, dass einige Doktoren der Medicin den Barbieren Vorlesungen hielten, und sie in der Volkssprache Anatomie lehrten. Die Fakultät verbot es, in der Folge ähnliche Vorlesungen zu halten.

Man sieht, dass die Aerzte nur so handelten, um die Chirurgen zu untergraben, welche sich den Aerzten gleich stellen wollten. Diese thaten 1493 noch mehr; denn sie machten die Verordnung, das die Barbiere einen Lehrer der Fakultät erhalten sollten, der ihnen Gui und andere medicinische Schriftsteller, aber lateinisch, zu erklären hätte; jedoch sollte er die Freyheit haben, sich von Zeit zu Zeit gewöhnlicher oder französischer Ausdrücke zu bedienen. Dieselbe Fakultät erlaubte in der Folge den Barbieren, Kadaver vom Galgen zu kaufen, um sie zum anatomischen Unterricht zu brauchen, den ihnen ein Doktor der Medicin, der die Section übernähm, geben sollte.

Das folgende Jahr darauf kamen die Chirurgen bey der medicinischen Fakultät mit der Bitte ein, diese Art Vorlesungen untersagen zu lassen; aber sie erhielten zur Antwort, die Fakultät wolle diese Vorlesungen zwar eine gewisse Zeitlang einstellen lassen, aber sie könnte selbige nicht ganz untersagen, wenn die Chirurgen sich ihrer Seits nicht der Verordnung der Aerzte enthielten, welche Bestimmung den Aerzten selbst nur zukommen könnte.

Indess überreichten die Barbiere 1498 ihre Bittschrift, welche das Gesuch enthielt, dass es der Fakultät gefallen möchte, ihnen einen Doctor zu geben, um ihnen die Anatomie am Kadaver zu lehren, was ihnen von dem Criminalverweser versprochen worden war. Die Chirurgen widersetzten sich der Sache; aber man gab ihrer Protestation ungeachtet den Befehl, es sollte die Anatomie durch einen Doktor der Medicin vorgetragen werden, und er sollte diess lateinisch und französisch thun. Durch ein Dekret vom 18ten October 1499 erhielten die Barbiere die Erlaubniss, Vorlesungen über alle chirurgische Bücher zu hören und sie sich, aber nur lateinisch erklären zu lassen. "Weilen die Doktoren nicht anders zu lesen pflegen," sagt das Dekret. Durch ein Reglement der Fakultät von 1505 ward es den Chirurgen erlaubt, anatomische Vorlesungen zu besuchen; aber unter der Bedingung, dass sie ein Drittheil der Kosten trügen, weil sie hierin den Barbieren vorgezogen würden. Da die Chirurgen sich deshalb auf ihre Privilegien beriefen, so erhielten sie den Bescheid, man würde auf diese vorgeblichen Privilegien keine Rücksicht nehmen.

Deshalb wurde den dritten Januar desselben Jahres ein Contract zwischen der medicinischen Fakultät und der Barbierzunft zu Paris abgeschlossen, vermöge welches die Vorlesungen fortdauernd gehalten werden sollten; die Barbiere sollten sich ihm zufolge für wahre Schüler der medicinischen Fakultät halten können, sollten sich alle Jahre in die Protokolle des Dekanats eintragen lassen und dafür zwey Parisische Sols bezahlen; sie sollten einen Eid schwören, dass sie nie Abführungsmittel geben wollten; sie sollten bloss dasjenige behandeln dürfen, was zu den chirurgischen Operationen, zur Heilung äusserer Schäden gehört; in medicinischen Angelegenheiten sollten sie sich an einen der Doktoren der Fakultät wenden; wenn ein Barbier in die Zunft als Meister aufgenommen seyn wollte, so müsste diess durch Zuziehung zweyer Doktoren der Medicin geschehen, welche nach vorhergehender Berathschlagung der Barbiermeister, über die Zulänglichkeit oder Unzulänglichkeit des um die Meisterschaft nachsuchenden Subjekts abzusprechen, und solche für diese Zuziehung, jeder zwey Thaler Honorar als Entschädigung zu erhalten hätten; sie sollten die Chirurgie mit keinem andern Arzt, der nicht zu der Fakultät gehörte, ausüben, und wenn das vorhabende Subjekt für tüchtig befunden würde, so sollte es gehalten seyn, hierüber einen Eid in die Hände eines der abgeordneten Mitglieder von der medicinischen Fakultät abzulegen.

Unter diesen Bedingungen erlaubte die medicinische Fakultät den Barbieren, sich Vorlesungen über Chirurgie und Anatomie halten zu lassen, wenn sie ihre specificirten Rechte bezahlten; und im Fall man ihnen die Ausübung der Chirurgie streitig machen wollte, so sollte die Fakultär gehalten seyn, ihre Parthey zu nehmen, und ihre Rechte zu verfechten, aber unter der Bedingung, dass die Barbiere die Kosten bezahlen müssten.

Durch diesen Vergleich erhob sich eine neue Chirurgenzunft, auf Kosten der alten. Daher kam es, dass die Mediciner, welche vorher die Barbiere in den Akten ihrer Fakultät bloss "Bartscherer" (Barbi-Tonsores) oder "Bartrasirer" (Barbi-Rasores) nannten, sie nunmehr mit dem Titel "Scherer-Chirurgen" (Tonsores-Chirurgici), "Barbierchirurgen" (Barbiers-Chirurgiens) zu beehren anfingen. Wer sich eleganter ausdrücken wollte, nannte sie "Chirurgen von der Barbiererzunft" (Chirurgi a tonstrina). E scheint, dass die Chirurgen gegen dieses Dekret der medicinischen Fakultät nicht eingekommen seyen; wenigstens erschien bis 1583 von ihrer Seite kein Einspruch.

Seit dieser Zeit erhielten sich die Barbiere im Besitz ihrer Gerechtsame, vorzüglich seit den Unruhen, die gegen das Jahr 1585 in Paris erfolgten. Die Barbiere verbunden sich mit den Medicinern in Absicht der Streitigkeiten, welche diese mit den Chirurgen hatten. Aber da Heinrich der Vierte nach Paris zurückgekehrt war, erhielten die Chirurgen eine neue Commission von dem Prevot seinem Stellvertreter unter dem siebenten Februar 1596, welcher zufolge es jeder andern Person verboten war, "sich öffentlich oder insgeheim an einen (öffentlichen) Platz, in eine Jurisdiction oder einen Punkt der Stadt, in der Prevoté oder Vicomté von Paris, einzudringen, etwas zu thun oder ein ausübendes Geschäft zu verrichten, das zur Kunst oder Wissenschaft der Chirurgie gehörte, wenn diejenigen, welche die genannte Kunst oder Wissenschaft der Chirurgie ausübten, oder ausüben wollten, nicht vorher von zwey geschwornen Königlichen Chirurgen examinirt worden wären; mit diesen und durch sie ziehet Ihr die andern Mesiter, Erfahrnen und Geschwornen zu, und beruft sie zusammen; und wenn ihr sie durch diese fähig und zulänglich findet, besagte Kunst und Wissenschaft auszuüben, und wenn sie als solche höhern Orts einberichtet sind" u. s. w.

Gleichwohl nahm man davon die Barbiere aus, welche Werkstätten und "Buden" zu Paris hatten, und Nägelhöker und offne Schäden im Nothfall verbinden könnten. "Und können" (sagt die Commission) "Barbiere Pflaster, Salben und andere Dinge zur Heilung von Nägeln, Hökern und offnen Schäden im besagten Nothfall auflegen und geben; wenn besagte Wunden nicht tödtlich sind, so sollen dieselben durch die besagte Meister-Chirurgen und nicht durch andere verbunden und geheilt werden; und sind vorläufig besagte Barbiere bey besagten Nägeln, Hökern und offnen Wunden zugezogen worden, so untersuchte man es durch die besagten zwey geschwornen Meisterchirurgen des Königs, so wie es die Urkunden der Könige von Frankreich, des heiligen Ludwigs, Philipps des Schönen und anderer von ihren Nachfolgern mit sich bringen, da sie von König zu Känig und von dem allerchristlichsten damals regierenden König, Heinrich dem Vierten bestätigt worden sind." Dieses Reglement wurde vermöge einer Ordonnanz vom 25 September 1600 erneuert.

Ob gleich durch diese Verordnung nichts zum Nachtheil aller Gerechtsame entschieden zu seyn schien, so lehnten sich die Barbiere doch dagegen auf; und es erfolgte, nachdem die Sache (welche die Barbierzunft und die medicinische Fakultät zugleich betrieben) im Parlament behandelt worden war, den 26 Julius 1603 ein Gegenbefehl, welcher die Erklärung enthielt, "dass die Meister-Barbier-Chiruren" (so werden sie in dem Arret genannt) "in der Folge nicht unter den Anschlagszetteln und öffentlichen Bekanntmachungen der Chirurgen mit begriffen seyn sollten; welcher ihnen erlaubt, sich Meister-Barbier-Chirurgen zu nennen und tituliren zu lassen, alle Arten von Wunden und Verletzungen zu verbinden und zu heilen, wie sie es bisher gethan hätten, wenn sie zuvor ihr gewöhnliches Meisterstück würden abgelegt haben, und durch die Meister-Barbier-Chirurgen, in Gegenwart von vier Doktoren der Medicin und zweyer Mitglieder des Collegiums der Meister-Chirurgen würden examinirt worden seyn; jedoch mit der Bedingung, dass nach dem Befehl vom 10ten November 1554 genannte Barbier-Chirurgen dieser Stadt, jeder an seinem Theil drey Monate ohne Gehalt bey der Polizey der Armen; zwey bey der Universität; einer in der Stadt und zwey in der Vorstadt nach den Eintheilungen des Commissärs der Armen, dienen sollte." Und da die Barbiere die neue Qualität, die ihnen ertheilt worden war, ändern, und sich "Chirurgen Barbiere" nennen wollten, so wurde ihnen diess durch ein Arret des Hofs unter dem fünf und zwanzigsten April 1575 untersagt, und ihnen der Befehl ertheilt, sich hinfort "Barbier-Chirurgen" zu nennen. Diess wurde durch das Arret von 1603 bestätigt, und diese Qualität ist ihnen in der Folge geblieben.

So wurden die Barbiere, deren Gewerbe bloss mechanisch ist, mit den Chirurgen auf gleichen Fuss gesetzt. Aber (und diess bemerkt Pasquier, von welchem wir alle diese besondern Umstände entlehnen) was für Streitigkeiten es auch zwischen der medicinischen Fakultät und der Zunft der Chirurgen geben mochte: so machte doch die medicinische Fakultät keine Schwierigkeit, die Meister-Chirurgen-Barbiere in ihre Zunft aufzunehmen, wenn sie nach vorhergegangenem Examen dazu fähig befunden würden. Wirklich hat man geschworne Meister in der Chirurgie für Doktoren der Medicin passiren sehen, und ihr neuer Titel hat diese neuen Aerzte nicht daran verhindert, die Chirurgie auszuüben und als Chirurgen an öffentlichen Handlungen in der Chirurgie Theil zu nehmen.

Eben so trug man kein Bedenken, einen Barbier, der sich durch seine Kuren die öffentliche Achtung erworben hatte, ob er gleich nicht Latein verstand, aber doch übrigens auf die Fragen, die man einem Baccalaureus und Licentiaten vorlegte, zu antworten wusste, in seine Innung aufzunehmen; man liess in dieser Hinsicht dessen Nichtkenntniss der lateinischen Sprache durch seine lange Praxis und durch seine Erfahrung aufwiegen; jedoch mit der Verbindlichkeit, dass er, wenn er dem Körper der medicinischen Fakultät einverleibt würde, seine Wasserbecken und alle andere Abzeichen seines Gewerbes als Barbier verlassen müsste. So wurden im sechzehnten Jahrhundert ein gewisser Meister Etienne de la Riviere und Ambrosius Paré aufgenommen. Eben so nahmen die Chirurgen 1610 und 1611 Nicolas Habicot, Iacynes Margue und Isaac d'Allemagne, als Barbier-Meister, nachdem sie examinirt worden waren, und unter der Bedingung, die Becken als Abzeichen ihres bisherigen Gewerbes abzunehmen, und das Gewerbe der Barbiere zu verlassen, welcher sie jedoch nicht nachkamen, in ihre Innung auf.

In der That schlossen ein gewisser Herr Come und ein Herr Damien, die zur Fahne der Chirurgen, zu den drey Büchsen des gewöhnlichen Abzeichens der Chirurgen, übergetreten waren, deshalb ihre Barbierbuden nicht. Die Chirurgen erhuben deshalb Klagen bey dem Parlement. Die Innung der Barbiere vereinigte sich mit den drey Barbier-Chirurgen deshalb. Diese erhielten ein Patent vom Könige unter dem Monat August vom Jahre 1613, und dieses Patent war an das Parlement "unter tiefster Erniedrigung des Kollegiums der Chirurgen, der Stellvertreter, des Syndicus, der Geschwornen und der Wächter der Innung der Meister-Barbier-Chirurgen", gerichtet. In diesem offnen Brief setzte der König voraus, dass die beyden Korporationen einig wären, machte dieser Voraussetzung zufolge eine einzige Innung aus beyden, damit sie gemeinschaftlich die Rechte und Freyheiten, die jeder besonders bewilligt worden waren, geniessen sollten.

Dieses Bittschreiben wurde am Hofe ohne alle Schwierigkeit bestätigt, weil man glaubte, dass es einstimming von beyden Innungen erhalten worden sey. Die Innung der Chirurgen widersetzte sich der Bekanntmachung dieses Bittschreibens und erhielt dem zufolge ein anderes Schreiben unter dem zwanzigsten December 1613, in Form einer Civilbittschrift, durch welche die Chirurgen dasjenige missbilligten, was vorgefallen war, indem sie vorstellten, dass die Gewerbe der Barbiere mit dem der Chirurgen unvereinbar sey.

Die Barbiere stimmten, ehe die Sache noch zur endlichen Entscheidung gekommen war, unter einander das "Te Deum" an, als wenn sie schon den Sieg davon getragen hätten, und fiengen seit dieser zeit an, sich in der Qualität der "Chirurgen" zu zeigen, ohne ihrer Eigenschaften als Barbiere nach Erwähnung zu thun; "und sie verliessen", um mich der Ausdrücke des Etienne Pasquier zu bedienen, "als ein halbschlächtigtes, oder gemischtes, buntschäckiges Ganzes, wenigstens der grösste Theil unter ihnen, ihre Abzeichen von Büchsen und Wasserbecken, verliessen die Eglise du Sepulchre, den alten Aufenthalt ihrer Innung, legten am Festtage des heiligen Cosmus die viereckigte Mütze und den langen Rock an, und einige der Hauptanführer wollten gleichen Versammlungsort mit den Chirurgen haben, die sie entschlossen und fest daran verhinderten."

Endlich wurde die Sache durch das Arrét vom drey und zwanzigsten Januar 1614 entschieden; die Partheyen wurden in denselben Zustand in dem sie vorher waren, zurück gebracht, das heisst, die Barbiere mussten sich die Verbindlichkeit auflegen lassen, die neuen Abzeichen, die sie vor ihren Häusern ausgesteckt hatten, abzunehmen.

Seit diesem Arrét wollten die Barbiere wieder in die Eglise du S. Sepulchre (Kirche des heiligen Grabs) zurück kehren, um die Zusammenkünfte ihrer Innung wieder da zu halten; aber sie wurden durch die Innung der Hutmacher daran verhindert, die sich an ihrer Stelle daselbst hatten etabliren lassen. Da die Barbiere darauf bestanden, dass man ihnen ihren Versammlungsort wieder zurück geben sollte, so liess sich jemand beykommen, folgendes Bonmot auf sie zu machen: "sie hätten deshalb keine Rechte auf das Grab, weil sie ja noch am Leben wären": worauf ein anderer erwiederte: "da irrst du dich sehr; denn da sie ihren Process verlohren haben, so sehen sie sich als Todte an und wünschen sich das Grab."

Die Barbiere wurden 1614 zu einer besondern Innung erhoben, und bezahlten jeder dafür dem Könige tausend fünfhundert Livres.

Barbier-Perruquiers

Noch wollen wir ein Wort über die Barbier-Perruquiers sagen. Da Luxus und Mode zur Anschaffung der Perruquen, zum Akkomodiren und zu andern Arbeiten des Barbierwesens die Veranlassung gegeben hatten, so fanden sich die Barbiere in ihrer Ausübung mit Arbeit überladen und trennten sich von den Barbier-Perruqiers. Jede dieser Korporationen ergriff die Verrichtungen ihres Stands, ward durch eine besondere Polizey regiert; und damit doch einiger Unterschied zwischen der einen und der andern Statt fänd, so mussten die Barbier-Chirurgen ihre Buden mit kleinen viereckigten Quadratfenstern und mit Wasserbecken von gelbem Kupfer als Abzeichen versehen; hingegen mussten die Becken der Barbier-Perruquiers weiss, und ihre Buden mit grossen viereckigten Fenstern versehen, und der Rahmen blau angestrichen seyn; bey Strafe (für die eine und die andere Parthey) von funfzig Livres Geldstrafe und dreyhundert Livres Schadenersatz für diejenigen, welche dagegen handeln, und zwar wenn sie in Paris sind, und zehn Livres Geldstrafe und hundert Livres Schadenersatz für die Provinz.

Im Jahr 1656 erwählte der König Ludwig der Vierzehnte durch ein Edikt vom Monat December eine Innung und Gemeinheit von zwey hundert Barbier-Perruquier-Badern für die Stadt und die Vorstädte in Paris; aber das Edikt wurde nicht ausgeführt. Endlich wurde diese Wahl durch ein neues Edikt vom Monat März 1673 bestätigt und das ist diese Gesellschaft von Barbieren u. s. w. die noch vor der Revolution bestand.

Die Rechte des ersten königlichen Barbiers in Absicht der Chirurgie und des Barbierwesens verlohren sich in ein so hohes Alterthum, dass man keine schriftlichen Dokumente mehr davon vorfinden konnte. Die ältesten Dokumente, welche jene ersetzten, sind vom Monat December 1371. Heinrich der Dritte hatte aus allen mechanischen Künstlern und Handwerkern ein Geschworenengericht durch sein Edikt von 1581 errichtet, und begriff auch die Barbiere darunter. Heinrich der Vierte bestätigte ihnen 1592 die Privilegien, die ihnen bewilligt worden waren; aber seit 1714 haben sich die Chirurgen viel Mühe gegeben, die Chirurgie wieder in den Besitz ihrer alten Rechte zu setzen, indem sie die Missverbindung wieder zu trennen suchten, die sie mit den Barbieren hatten eingehen müssen.

Vermöge der Statuten von 1614 konnten die Barbiere nicht mehr als einen Lehrling auf einmal haben, und dieser musste bey Strafe, seine Lehrjahre umsonst ausgehalten haben, bey seinem Meister bleiben; und diess aus dem Grund, damit er, wenn er bey selbigem wohnte und schlief, mehr Zeit sich zu unterrichten hätte, und dass man über seine Sitten und seine Aufführung besser wachen könnte.

Ob es Wittwen gleich nicht erlaubt war, ihre Buden zu verpachten, und es ihnen vielmehr vorgeschrieben war, sie selbst zu behalten, so verpachteten sie selbige dieses Verbots ungeachtet doch; und diess gab sehr oft zwischen ihnen und der Innung der Meister zu Streitigkeiten Veranlassung. Um die Missbräuche, welche die Privilegien der Witwen erzeugten, für immer zu dämpfen, gingen die Chirurgen mit ihnen einen Vertrag ein, welcher dem Parlament den 28 Julius 1669 gleichlautend vorgelegt wurde, worauf dasselbe den Beschluss fasste, dass ihnen die Zunft der Chirurgen, anstatt ihres Privilegiums, das ihnen eine Barbierstube zu halten das Recht gab, einer jeden von ihnen funfzig Livres jährliche Pension bezahlen sollte *).

*) Innungen und Kasten aller Art haben von jeher sich für die Ungerechtigkeit, die sie hervor rief, an der Welt gerächt und rächen sich, wo sie existiren, noch täglich fort. Wo nur eine gewisse Klasse Menschen eine bestimmte Art Geschäfte treiben darf, bekommt sie, da die Nacheiferung wegfällt, und der geschickte Handwerker oder Künstler, der nicht zur privilegirten Klasse gehört, nicht arbeiten darf, das Publikum schlecht. Wie glücklich ist da nicht der Einzelne und der Staat, wo jeder das Gewerbe treiben darf, wozu ihm die Natur Talente verlieh!

Ueber die Sonn- und Festtage in Hinsicht der Barbiere

Die Ueberzeugung war längst allgemein, dass es an Sonn- und Festtagen erlaubt ist, eine geraume Zeit des Tages sich zu bescshäftigen, sey es auch nur die Stunden über, die man zu einer sorgfältigen Ankleidung braucht, weil man an diesen Tagen sauberer und zierlicher gekleidet erscheinen will, um durch diese äusserliche Anständigkeit die Ehrfurcht auszudrücken, die man für religiöse Einrichtungen hegt. So hat auch die Kirchenversammlung zu Orleans vom Jahr 538, die Synode zu Paris vom Jahr 755, und das Dekretale des Papsts Alexander des Dritten vom Jahr 1160 entschieden.

Die Barbiere behaupteten, diese Entscheidungen kämen ihnen zu Statten; sich rasiren lassen, mache einen Theil der menschlichen Reinlichkeit aus, und sey ihnen mithin erlaubt, Sonn- und Festtage ihre Geschäfte zu betreiben.

Gleichwohl hatten sie sich mit dieser Auslegung geirrt; denn alle Gesetze, welche der Reinlichkeit günstig sind, sollten nur von den nothwendigen Beschäftigungen jedes Tages zu verstehen seyn, die man keinen Tag eher verrichten oder einen Tag länger aufschieben könnte. Nun sagte man aber, es sey zur Beobachtung der pünktlichsten Reinlichkeit nicht nothwendig, den Sonntag zu erwarten, um sich rasiren zu lassen. Man könnte es den Tag zuvor thun, oder bis auf den folgenden Tag verschieben, und so legten Personen, die Religion hätten, diese Gesetze aus.

Diejenigen wären noch zu entschuldigen, die sich selbst rasirten oder die sich durch ihre Domestiken rasiren liessen; diess könnte man für einen Theil der Ankleidung an Sonn- und Festtagen gelten lassen; wenigstens fielen da alle Bestimmungsgründe aus Gewinn, welche eine sklavische Beschäftigung bezeichne; fiel das Scandal, welches einen beträchtlichen Theil des Tadelnswürdigen ausmache, weg. Nach diesen Grundsätzen ist das Arbeiten der Barbiere an Sonn- und Festtagen durch die Verordnungen und Maassregeln der Polizey untersagt worden.

Es gab ehemals zu Paris Chirurgen mit langem Rock, und Chirurgen-Barbiere, welche, wie eir weiter oben gesehen haben, zwey verschiedene Innungen bildeten. Während diese Unterscheidung bestand, erneuerte Karl der Sechste, zum ersten Mahl die Statuten von 1383. Sie enthalten unter andern Verordnungen sehr bestimmte Verbote, an den Festtagen der Osterfeyertage, am Pfingstfest und am Festtage der heiligen Jungfrau nicht zu arbeiten, ausser Aderlassen und Wunden verbinden.

Heinrich der Dritte, der ihnen die Statuten den Monat May 1575 von neuem genehmigte, verbot ihnen, Sonntags, an den Tagen des Osterfests, des Pfingstfests, des Weihnachtsfestes, des Festes aller Heiligen, der Beschneidung, der Erscheinung, der Himmelfarth; der Feste des heiligen Sacraments, Johannes des Täufers, aller Apostelfeste, des heiligen Cosmus und Damians, ihrer Schutzpatrone zu arbeiten; und es ward ihnen untersagt, an diesen Tagen ihre Badebecken vor ihre Buden zu hängen.

Heinrich der Vierte erneuerte durch ein Patent unter dem Monat October 1592 dasselbe Reglement, mit dem hinzugefügten Verbot, auch an keinem andern von der Kirche festgesetzten Festtage ihre Becken vor die Buden zu hängen. Sie mussten also vermöge des letztern Reglements die kleine Anzahl Feste über, welche in dem erstern Befehl nicht begriffen waren, wenn man ihnen, im Fall sie da arbeiten, nachsehen sollte, diess wenigstens insgeheim, und ohne irgend ein äusseres Zeichen ihrer Profession thun.

Es ist keinem Zweifel unterworfen, dass diese Verordnungen auch in Hinsicht der Barbier-Chirurgen bestanden; denn es war immer einerley Korporation, um welcher willen sie ergangen waren, und sie sind durch keine spätere Verordnung widerrufen worden.

Die Barbier-Perruquiers, welche im Monat December 1637 errichtet wurden, und die noch vor der Revolution eine besondere, von den Barbier-Chirurgen verschiedene Innung ausmachten, konnten vielleicht behaupten: die alten Reglements, die nicht für sie verfügt worden seyen, gehen sie auch nichts an. Sie hatten besondere Statuten, die ihnen der König durch ein Patent vom vierzehnten März 1674 ertheilt hatte; und diese Statuten, die ihnen ihre Profession zu treiben erlaubten, nahmen keinen Tag davon aus; sie hätten aus dieser Nichtverfügung in dieser Hinsicht Vortheil für sich ziehen können; aber sie hatten sich folgender Antwort zu gewärtigen:

Es ist wahr, dass die Statuten keinen Tag von der Arbeit ausnehmen; aber diese Ausnahme steht in den zehn Geboten, und ist durch allgemeine Gesetze der Kirche und des Staats bestimmt. Um jemanden davon frey zu sprechen, hätte es einer bestimmten Ausnahme bedurft; und diese findet man weder in ihren Statuten, noch anderwärts. Man hat sie also, wie alle Gläubigen bey dem allgemeinen Recht gelassen.

Diess ist aber nicht mit den Barbier-Chirurgen der Fall; ihre Profession befasst zweyerley Geschäfte; das Geschäft, Kranke zu verbinden, wo es oft sehr gefährlich seyn würde, wenn man die Operation nur wenige Augenblicke verschieben wollte; und das Geschäft des Barbiers, zu rasiren, welches keineswegs so dringend ist. Hieraus folgt, dass man in ihren Statuten wesentlich zwischen demjenigen unterscheiden musste, was ihnen an Sonn- und Festtagen zu thun erlaubt oder verboten seyn sollte; denn man musste befürchten, dass sie entweder aus ängstlicher Gewissenhaftigkeit auch keine Kranken besuchen würden, oder aus Mangel an Achtung für Religion, auch die Geschäfte des Rasirens treiben möchten. Die Barbier-Perruquiers, deren Geschäfte keinen nothwendigen Bestandtheil der Art befassten, konnten sich deshalb nicht eines besondern Vorrechts ermächtigen, als welches ihnen in Ermangelung jenes Artikels zukäm. Dieser Artikel war nicht nothwendig; sie waren mit unter dem allgemeinen ältern Gesetz einbegriffen, weil sie in Hinsicht der den Bart betreffenden Geschäfte mit den Chirurgen in gleichem Falle waren, für welche selbige gegeben wurden, und welche keine besondere Begünstigung für sie enthielten.

Endlich antwortete man ihen, ihre Trennung von den Barbier-Chirurgen habe nicht in dem Maasse alle Bande ihrer ehemaligen Vereinigung aufgelösst, dass sie ganz von der Befolgung der Verfügungen, die ehemals für das ganze Corps getroffen worden waren, sich losgesprochen glauben könnten. Es erhellte vielmerh aus dem Patent vom vierzehnten May 1674, welches ihre besondere Korporation erst festsetzte, dass sie immer demsleben Chef mit den Chirurgen (dem ersten Barbier-Chirurgen des Königs) unterworfen blieben. Es erhellte daraus auch, dass sie derselben Disciplin in Hinsicht dessen, was den Bart betraf, unterworfen waren, dass, um sie bey beyden Innungen auf gleichem Fuss zu erhalten, sie durch ihre Vorgesetzten und ihre Syndikus wechselseitig übereinander die Aufsicht führten. Daraus war klar, dass die neuen Statuten in dieser Hinsicht an den alten nichts geändert hatten, und dass, wenn es einen Punkt der Disciplin gab, der ihnen gemeinschaftliche Pflichten auflegte, diess das Verhalten in Hinsicht der Sonn- und Festtage war.

Hierzu wollen wir noch das Ansehen der alten Gesetze rechnen, die von den Kaisern zur Haltung der Sonn- und Festtage waren gegeben worden; Gesetze, welche alle Gläubigen ohne Ausnahme verbanden, da sie durch die Gesetze der Kirche bestätigt waren. Das erste ist ein Gesetz von Constantin dem Grossen, das er in Hinsicht der Heilighaltung des Sonntags gab. Dieses Gesetz ist uns von Eusebius aus Cäsarea, im Leben dieses Kaisers, aufbehalten worden. "Er setzte dazu," (zu dem der Religion geweihten Tage) "den passendsten Tag fest; den ersten Tag in der Woche, der das Haupt aller übrigen, und der wahre Tag des Herrn und der Tag des Heils ist... Auch die übrigen Sterblichen lud der allerseligste Fürst zur Feyer dieses Tages ein; er, der keinen sehnlichern Wunsch hegte, als dass er allmählich alle Menschen zu Verehrern des einzigen wahren Gottes möchte umschaffen können. Deshalb liess er an alle UNterthanen des Römischen Reichs den Befehl ergehen, dass sie den Sonntag feyern möchten und diesen Tag, der der erste nach dem Sabbattage" (dem Sonnabend) " wäre, die sonst jenem erzeigte Ehre wiederfahren liessen. Es scheint, er that diess zum Andenken an die für die Menschheit so wichtigen Begebenheiten, die sich an diesen Tagen (den Sonntagen), mit unserm Erlöser zugetragen hätten. Da er ferner jede Art religiöser Verehrung an diesem heilbringenden Tage, der vom Licht und von der Sonne benannt würde, beförderte, so gab er denjenigen, welche den vom Himmel geoffenbarten Glauben ergriffen hatten, alle Gelegenheit und Feyheit, religiöse Uebungen im Sinn und nach den Vorschriften der Kirche Gottes zu halten, und ohne alle Hindernisse Betübungen obliegen zu können." (Euseb. im Leben Konstantins) Auch Sozomenes thut dieses Gesetzes Erwähnung.

Es ist von den Gelehrten angenommene Meynung, dass Constantin dieses Gesetz im Jahr nach Christi Geburt 321, im Monat März habe bekannt machen lassen. Der Kaiser Justinian liess es, mehr als zweyhundert Jahre nachher, so wie es hier mitgetheilt wird, in das dritte Buch des Justinianischen Kodex in den Abschnitt "über die Ketzerey" aufnehmen. "Alle Richter, alles Volk in Städten und die Pflichten eines jeden Gewerbs sollen an diesem verehrungswürdigen Tage ruhen. Aber auf das Land gesetzt, sollen die Bewohner desselben auch dann dem Ackerbau frey und ungefesselt obliegen dürfen; weil es sich oft trifft, dass das Getraide an keinem andern Tage bey der gehörigen feuchtigkeit eingesäet und der Weinstock gesenkt werden kann, und nicht mit der Gunst des Augenblicks, die uns von himmlischer Vorseheung bewilligte bequeme Gelegenheit ungenützt verschwinde."

Man sieht aus diesem Gesetz, dass der Kaiser an Sonntagen alle Hand-Arbeit untersagt, und dass er nur den Land- und Weinbau davon ausnimmt; "weil", sagt das Gesetz, "es oft sich treffen könnte, dass die schicklichste Zeit, der schicklichste Augenblick zur Getraidesaat oder zum Weinlegen, auf einen Sonntag fiele, und man eine so günstige, von der Vorsehung selbst dargebotene Zeit nicht ungebraucht vprüber gehen lassen dürfte."

Diesen allgemeinen Gesetzen, die allen Gläubigen ohne Unterschied gegeben sind, wollen wir noch die besondern beyfügen, die den Barbieren gegeben wurden. Vor dem funfzehnten Jahrhundert findet man deren keines. Die fast allgemeine Sitte im dreyzehnten und vierzehnten Jahrhundert, Bärte zu tragen, ist Ursache, dass man den Barbieren die Ausübung ihres Gewerbs an Sonn- und Festtagen nicht zu verbieten brauchte. Als in den folgenden Jahrhunderten die Gewohnheit, den Bart sich rasiren zu lassen, an die Stelle jener frühern Sitte trat, so wurde den Bischöffen die Verbindlichkeit auferlegt, den Barbieren die Ausübung ihres Gewerbs an heiligen Tagen zu untersagen.

Heinrich Clicheley, Erzbischof von Canterbury, gab 1414 den Befehl, allen Barbieren bey Strafe der Exkommunikation das Rasiren, sey es durch ihre eigene Person, oder geschehe es durch andere, zu untersagen, und ihnen sogar das Oeffnen ihrer Buden an Sonntagen zu verbieten. Hierin, setzte er hinzu, trete er nur in die Fussstapfen seines Vorgängers des Erzbischofs Thomas von Arundel, der dasselbe Verbot hätte ergehen lassen. "Auf gleiche Weise verbieten wir, dass nicht einer oder mehrere von denselben" (er redet von den Barbieren) "im Uebrigen sein Haus oder seine Bude zur Ausübung seiner Kunst an Sonntagen, offen halte, oder offen halten, von seiner Kunst Gebrauch mache, oder von ihrer Kunst Gebrauch machen, oder sie für sich oder für andere ausübe, oder ausüben, unter Strafe, der grössern Exkommunication sc."

Das Concilium zu Paris von 1429 verbietet, nachdem es die Beachtung der Sonntage und Feste allen Gläubigen anempfohlen hat, allen Stalmeistern und Barbieren, an diesen Tagen ohne dringende Noth ihre Profession nicht auszuüben. "Wir missbilligen den Missbrauch ganz, nach welchem die Stallmeister und Barbiere an den obbenannten Sonntagen und an den andern obbenannten Festtagen der heil. Maria und der Apostel sich die Ausübung ihres Handwerks erlaubt glauben, auch wenn sie keine dringende Nothwendigkeit dazu auffordert; in dieser Hinsicht wollen wir ihnen zu Begreifung der zweckmässigsten Maassregeln rathen, und sie durch einen vorläufigen Verweis zu bessern suchen."

Die allgemeine Versammlung der französischen Geistlichkeit, welche 1579 zu Melun zusammen berufen wurde, verbietet im Allgemeinen, keine Ausübung von Künsten sich zu Schulden kommen zu lassen, welcher nicht zu den freyen gehören; und keine Buden an heiligen Tagen zu öffnen, in welcher Absicht es auch seyn möchte. "Daher muss man verhüten, und dagegen Vorkehrungen treffen, dass keine illiberalen Künste an Festtagen gelehrt werden, oder keine Handlung verrichtet werde, die einer solchen Zeit fremd seyn sollte, und sie entwürdigt; damit überhaupt keine Handwerksbuden, auch nur zum Theil geöffnet werden." Die Concilien, die um diese Zeit in Frankreich gehalten wurden, drücken sich fast eben so aus.

St. Bonaventure legt sich den Fall vor, "ob es erlaubt sey, sich Sonn- und Festtags der Kopf scheren zu lassen", und gibt zur Antwort, man dürfe diess nicht thun; er will, dass man dieses Geschäft bis auf den folgenden Tag verschieben soll. Allein die Bemerkung dürfte nicht unzweckmässig seyn, dass St. Bonaventure an der hieher gehörigen Stelle nicht jedes Lavement des Kopfs an Sonntagen schlechterdings untersagt. Er redet vielmehr von dem angenommenen Verfahren seiner Zeit in dem grössten Theil der Klöster, wo sich die Mönche entweder den Kopf waschen oder sich den Bart insgesammt rasiren liessen; eine Beschäftigung, über welcher der ganze Tag hinging. Deshalb will dieser heilige Lehrer, dass man dazu einen andern Tag, als den Sonntag oder ein Fest bestimmen soll.

Der Papst Johann der zwey und zwanzigste erliess 1317 an Philipp den Schönen, König von Frankreich ein Breve voller Remonstrationen über verschiedene Artikel der Kirchenzucht, die in Frankreich sehr vernachlässigt worden waren. Es gab einen darunter, der den Punkt betraf, welchen wir behandeln; nämlich diejenigen, welche sich Sonntags das Kopfhaar verschneiden oder den Bart scheren liessen. Der Papst erklärt, diess wäre Unehrerbietigkeit gegen den Befehl, welcher die Heiligung dieses heiligen Tages fordert. "In der That darf Euch der Umstand, dass man sich, wie verlauten will, an diesen Theilen einsalben lässt, dass gegen die Ehrerbietigkeit am Sonntage Gericht gehalten wird, dass man an selbigem Bart und Kopf schert, nicht verheelt werden, da dieser Tag, der dem göttlichen Dienst eigenst geweiht, durch solche Handlungen nicht entweiht werden darf."